23.11.2022
Danilo Chiodi, Fitness- und Athletiktrainer mit einer Uefa-A-Trainerlizenz, ist in Bellaria-Igea Marina geboren und auch noch heute dort wohnhaft. Ein bezaubernder Ferienort an der Küste der Romagna in der Provinz Rimini, der nicht nur für Strand, Meer, Sonne und Badeurlaub oder dem im 17. Jahrhundert zur Verteidigung vor türkischen Piraten erbauten Wahrzeichen, dem Torre Saracena, bekannt ist. Die Ortschaft, in der Raffaella Carrà einst aufwuchs, verfügt zudem über eine lange und bedeutende Fußballtradition. Chiodi selbst ist Jahrgang 1971 (13. Mai) und war gerade einmal sechs Jahre alt, als ein gewisser Arrigo Sacchi, der damals noch weit davon entfernt war, der berühmte und gefeierte „Prophet aus Fusignano“ zu sein, die Mannschaft vom AC Bellaria Igea Marina anführte. Genau ein Jahr später feierte Fausto Pari – später Serie-A-Profi bei Inter, Parma, Sampdoria (mit den Genovesi holte er neben dem Meistertitel auch dreimal den italienischen Pokal sowie den Europapokal der Pokalsieger) und Neapel – an gleicher Stelle seinen Durchbruch. Bellaria war ein ideales Sprungbrett für viele Fußballer, die später eine große Karriere machten. Zu ihnen zählen: Daniele Zoratto, Massimo Bonini und in jüngerer Vergangenheit Juanito Gomez und Mattia Zaccagni.
Danilo, deine Anfänge als Fußballer und Trainer sind eng mit Bellaria verbunden. Wie genau verlief deine bisherige sportliche Laufbahn?
Bei Bellaria habe ich mit 26 Jahren recht früh mit dem Fußballspielen aufgehört und meine aktive Karriere beendet. Damals begann ich als Trainer im Jugendbereich, bis sie mich irgendwann zur ersten Mannschaft hochgeholt haben, die zu der Zeit lediglich im Amateurbereich der Prima Categoria spielte. Innerhalb von vier Jahren stiegen wir jedoch dreimal auf und schafften über die Promozione und Eccellenza den Sprung in die Serie D. Dort war ich praktisch hauptberuflich als Fitness- und Athletiktrainer für den Verein tätig. Darauf folgte dann der Anruf aus Rimini, wo ich letztlich das Glück hatte, Teil eines ganz besonderen Teams zu werden, mit dem wir sowohl die C2 als auch die C1 gewinnen konnten und uns dadurch in die Geschichtsbücher geschrieben haben. Es folgten fünf Jahre in der Serie B, in denen uns beinahe sogar der Aufstieg in die erste Liga gelungen wäre.
Wann hattest du erstmalig Kontakt zu Pierpaolo Bisoli?
Zu dieser Zeit war ich Teil des Trainerteams von Leo Acori, hauptsächlich in Rimini, aber auch kurzzeitig bei Cremonese. Dann folgte der erstmalige Kontakt zu Pierpaolo Bisoli. Das war in Cesena und sowas wie Liebe auf den ersten Blick. Er kam damals während der Saison in einer schwierigen Phase zum Verein und erreichte sensationell noch den Klassenerhalt, der im Prinzip mehr Wert war, als ein Titelgewinn. Im folgenden Jahr hat er uns immer wieder eingetrichtert, dass wir es bis in die Serie A schaffen können. Ich glaube, er war am Anfang der Einzige, der richtig überzeugt davon war. Am Ende ist es uns allerdings wirklich völlig überraschend über die Playoffs gelungen. Wir waren vielleicht nicht die stärkste Mannschaft, aber sicherlich die Hartnäckigste. Von da an habe ich mit ihm weiter zusammengearbeitet und begleitete ihn für zwei Jahre nach Padua, wo wir mit dem Gewinn der Serie-C-Meisterschaft einen weiteren Aufstieg feiern konnten. Danach ging es nach Cremona und Cosenza, bis wir heuer zum FC Südtirol gekommen sind.
Wie ist es dann dazu gekommen, dass ihr eure Zusammenarbeit intensiviert habt?
Ich war bereits bei Cesena als Teil eines anderen Trainerstabs. Anfangs hatte ich dort nur eine kleinere Funktion. Ich glaube jedoch, dass Bisoli mich als Person, meine Motivation und die Zuverlässigkeit schätzen gelernt hat. Nach und nach gab er mir mehr Freiräume und erweiterte meinen Verantwortungsbereich auf dem Platz, bis ich dann irgendwann zur Vertrauensperson an seiner Seite wurde.
Was für ein Umfeld hast du bei den Weißroten vorgefunden?
Der FCS war mir durchaus zuvor bereits ein Begriff. Mit Neugier bin ich einige Mal nach Bozen gefahren, um meine persönlichen Eindrücke von diesem besonderen Verein zu gewinnen. Darüber hinaus kannte ich zum Beispiel Sportdirektor Paolo Bravo, der vor vielen Jahren in Rimini einer meiner Spieler war. Der FC Südtirol hat mich seit jeher fasziniert. Seit dem ersten Mal, als ich in der C1 als Gegner auf die Weißroten traf, habe ich den Club immer als ein Vorzeigemodell im Fußball wahrgenommen. Ein noch junger Verein, bei dem alle an einem Strang ziehen, um wichtige Erfolge zu erreichen und ein klar definiertes Projekt voranzutreiben. Mich hat es beeindruckt, welche Organisationsfähigkeit, Akribie und großartige Arbeit dahintersteckt. Zudem war mir bewusst, dass der Sportdirektor eine kompetente und fachkundige Person ist. Ich hatte daher hohe Erwartungen, die sich aber alle bei meiner Ankunft bestätigt haben. Wir haben optimale Voraussetzung für unsere tägliche Arbeit.
Wie sieht die Arbeitsaufteilung zwischen dir und dem Chefcoach aus?
Ich kümmere mich hauptsächlich um die athletischen Aspekte und die physische Vorbereitung im Training. Dadurch, dass wir aber den ganzen Tag zusammen sind, sprechen wir letztlich über alle Dinge, die die Mannschaft betreffen. Wir gehen die Spiele gemeinsam durch und analysieren, was noch zu verbessern ist. Meine Arbeit, und auch die aller anderen im Trainerstab, ist im Prinzip ein Allround-Job, denn wir sind diejenigen, die das Team Tag täglich begleiten.
Welche Schwerpunkte habt ihr ganz am Anfang gesetzt?
Bevor der Trainer und ich zum FCS gekommen sind, hatten wir die Gelegenheit, uns die vorherigen Spiele anzusehen, um so Mannschaft und Gegner in der zweiten Liga vorab kennenzulernen. Der Coach hat mich dann sofort davon überzeugt, dass es bei den Weißroten noch viel Potenzial gibt. Unterschiedliche Aspekte, die wir mit unserer täglichen Arbeit herauskitzeln und weiterentwickeln wollten. Wir haben sofort mit der Entwicklung verschiedener Ideen begonnen. Das Team befand sich nach drei Niederlagen in Folge zum Saisonstart in einer recht schwierigen Lage. Wir mussten gewisse Dinge sofort angehen, um den Trend umzukehren. Anfangs konzentrierte sich der Trainer in erster Linie auf grundlegende Themen, wie zum Beispiel die Motivation der Jungs. Er überzeugte sie davon, dass es noch möglich war, den Turnaround zu schaffen und mit Entschlossenheit den Klassenerhalt anzupeilen. Wir haben vor allem darauf geachtet, der Gruppe Selbstvertrauen einzuflößen und sie bis in die Haaresspitzen zu motivieren. Natürlich haben wir dann mit jeder Woche auch versucht, ihnen weitere Inhalte zu vermitteln. Im Hinblick auf den von mir betreuten Fitness- und Athletikbereich lag der Schwerpunkt darin, genau die Dinge zu optimieren, die notwendig sind, um die taktischen Vorgaben des Trainers bestmöglich umzusetzen.
Also eine Arbeit, die neben den körperlichen auch viele mentale Aspekte beinhaltet. Wie schaut das genau aus?
Der Cheftrainer ist bei mentalen Themen ein absoluter Meister seines Fachs. Er ist die Seele der Mannschaft und spricht jeden Tag mit den Spielern, um sie maximal zu motivieren. Er ist fest davon überzeugt, dass ein motivierter Spieler eine bessere Leistung abrufen kann. Auf das körperliche bezogen, bedeutet das zudem eine hohe Intensität und Einsatzbereitschaft. Der Trainer fordert einen aufopferungsvollen Fußball, bei dem jeder auf dem Platz am Defensivspiel beteiligt ist und sich im richtigen Moment ebenso in die Offensive einschaltet. Die Trainingseinheiten unter der Woche sind daher sehr intensiv und wichtig, um alle Spieler bestmöglich darauf vorzubereiten, bestimmte Abläufe dann auch im Wettkampf umzusetzen zu können.
Du kennst die Serie B bereits. Wie würdest du die Qualität der heurigen Saison im Vergleich zu den Vorjahren bewerten?
Aufgrund der vielen Investitionen, die eine Reihe von Vereinen getätigt haben, ist diese zweite Liga nochmal um einiges stärker. Ein zusätzlicher Grund ist sicherlich, dass die Weltmeisterschaft im Winter stattfindet, die erste Liga für zwei Monate pausiert und somit die Serie B vermehrt im Rampenlicht steht. Für einen Verein wie den FC Südtirol ist es äußerst reizvoll, sich mit so vielen Schwergewichten messen zu können. Wir spielen mit der Mentalität und Demut eines Neulings und wollen uns mit harter Arbeit sowie einer gewissen Opferbereitschaft einen Platz in dieser Liga verdienen. Unser Ziel ist und bleibt dabei der Klassenerhalt. Dies in einer so stark besetzten zweiten Liga zu schaffen, käme für uns dem Gewinn der Meisterschaft gleich. Falls uns das gelingt, sollten die Feierlichkeiten daher die gleichen sein, wie bei einem Titelgewinn.
Um das zu erreichen, gilt es immer alles zu geben, im Guten wie im Schlechten, alle zusammen, auf und neben dem Platz…
Ich denke, dass diese Herangehensweise für einen Verein wie den FC Südtirol von grundlegender Bedeutung ist. Hier habe ich eine verschworene Einheit, eine Art Familie vorgefunden. Es besteht ein starker Zusammenhalt zwischen allen Mitarbeitern und Personen, die in verschiedenen Funktionen für den Club tätig sind. Wir sollten alle fokussiert unser Ziel im Blick behalten. Denn wie bereits gesagt, das Erreichen des Klassenerhalts wäre etwas Historisches, genauso, wie der Aufstieg im letzten Jahr. Es wird schwierig sein und sicherlich auch Phasen geben, in denen wir nicht so erfolgreich sind. Wenn wir es aber schaffen, unseren Weg weiterzugehen, gemeinsam eine Einheit bleiben und uns auch nicht von Negativergebnissen abschrecken lassen, bin ich davon überzeugt, dass wir unser Ziel erreichen. Der Trainer schwört uns jeden Tag darauf ein: Weder Sieg noch Niederlage dürfen uns vom Weg abbringen. Die wöchentliche Arbeit muss dazu führen, dass wir jederzeit in der Lage sind, an unsere Leistungsgrenze zu gehen.