18.03.2020
Lorenzo Buzzi erzählt im Interview, wie viel Arbeit hinter einem "sicheren" Heimspiel steckt.
Lorenzo Buzzi ist seit vielen Jahren Stadion- und Ticketverantwortlicher, sowie Sicherheitsbeauftragter des FC Südtirol. Die genaue Bezeichnung seiner Rolle wird in einem Dekret vom 23. August 2019 erläutert: Beauftragter zur Leitung des Events (DGE). Um den korrekten Ablauf eines Heimspiels zu garantieren, muss der Verantwortliche wichtige Pflichten erfüllen und strategische Entscheidungen treffen. Im Gespräch mit der FCS News erzählte der 39-jährige Trientner, wie seine „typische“ Woche vor einem Heimspiel aussieht.
Lorenzo, welche Tätigkeiten umfasst dein Job als Stadionbeauftragter? Und wann beginnt die Planung eines Heimspiels?
„Die Organisation eines Heimspiels beginnt mit der Einberufung von Seiten des G.O.S. (Gruppo Operativo Sicurezza, Anm.d.Red.). Das italienische Gesetz sieht vor, dass diese „Arbeitsgruppe“ in jeder Sporteinrichtung für die Sicherheit zuständig ist. Präsidiert wird diese von einem Polizeifunktionär, welcher vom Quästor ernannt wird. Weitere Mitglieder der G.O.S. sind die Feuerwehr, das Weiße Kreuz, die Gemeindepolizei, der Sicherheitsbeauftragte. Am Spieltag ist das G.O.S. das sogenannte Kontrollzentrum für den sicheren Ablauf der Veranstaltung verantwortlich für die öffentliche Ordnung.“
Welche sind die genauen Aufgaben dieses Kontrollzentrums?
„Zuerst muss bestimmt werden, wann die Gates des Stadions geöffnet werden. Für diese Entscheidung muss man eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, wie z.B. die Wartezeiten bei den Kontrollen, der Einsatz des Metalldetektors und die Koordination von verschiedenen Sicherheitsaufgaben. Um sowohl die „Safety“ als auch die „Security“ der Veranstaltung zu gewährleisten, muss im Stadion eine bestimmte Anzahl an Ordnungshütern, Stewards und anderen vorgeschriebenen Figuren anwesend sein. Obwohl es eine klare Hierarchie gibt, sind die verschiedenen Tätigkeitsbereiche eng miteinander verbunden.“
Kommen wir zum Spiel. Was genau passiert hinter den Kulissen?
„Nach der G.O.S.-Versammlung beginnt der Kartenvorverkauf im Internet. Dieser Ablauf wird mit dem Club abgesprochen und dann dem Gegner und den Sicherheitskräften mitgeteilt. Die Matches werden sowohl auf preislicher Ebene, als auch in Bezug auf das Sicherheitsrisiko, in verschiedenen Klassen eingeteilt. Vor jedem Spiel müssen Maßnahmen getroffen werden, sodass alle vorhersehbaren „Probleme“ vor, während und nach der Partie zunichte gemacht werden. Ich muss sagen, dass wir ein eingespieltes Team sind, das immer die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten anstrebt. Obwohl alles bei uns meistens reibungsfrei abläuft, muss das Protokoll bis auf den letzten Beistrich beachtet werden.“
Das Gesetz sieht u.a. vor, dass der Organisator bzw. der Verein auch für die Ticketkontrolle, die Leitwege der Zuschauer und die Beachtung des Stadionreglements zuständig ist.
„Richtig. Doch nicht jedes Spiel ist gleich. Das Risiko und die zusammenhängenden Sicherheitsvorkehrungen variieren von Partie zu Partie. Alles muss dabei berücksichtigt werden: die Stadioneingänge bzw. -ausgänge, das Fassungsvermögen, die geltenden Gesetze und vieles mehr.“
Das Drusus-Stadion wird zurzeit umgebaut und ist somit im Moment eine offene Baustelle. Bringt diese Tatsache Schwierigkeiten mit sich?
„Für uns war es allerhöchste Priorität, weiterhin im Drusus-Stadion spielen zu dürfen. Um die Erlaubnis dafür zu bekommen, muss man strenge Vorschriften einhalten und eine Mindestanzahl an Sitzplätzen garantieren. Das war auch bereits bei anderen italienischen Stadien der Fall. Es ist ein großer Aufwand für alle, doch wir sind fest davon überzeugt, dass sich die heutigen Opfer später bezahlt machen. In Fällen wie beim Heimspiel gegen Vicenza, in den mehrere Hundert Gästefans erwartet werden, kann es auch zu zwei oder drei G.O.S.-Sitzungen kommen. Zudem tauscht man sich in solchen Situationen auch mit der Quästur der Gästestadt aus.“
Was steht am Spieltag auf der Checkliste?
„In den Versammlungen der G.O.S. wird entschieden, wie viele Stewards vor Ort sein müssen. Am Spieltag kommt es dann zu dem Briefing mit letzteren. Die Stewards haben präzise Aufgaben im Stadion. Unterstützt werden sie von der Polizei, die sich außerhalb des Stadions aufstellt und dort Support gibt. Ungefähr drei bis vier Stunden vor dem Spiel erfolgt eine Kontrolle des Ticketingsystems, sodass es später zu keinen „bösen“ Überraschungen kommt. Vielen ist zudem nicht bewusst, dass unsere Arbeit nicht dem Schlusspfiff des Schiedsrichters endet. Es muss nämlich dafür gesorgt werden, dass das Stadion nach dem Spiel gleich wie vorher aussieht. Zudem kommt es zu einem Debriefing mit allen Beteiligten.“
Wie lange bist du schon Stadionbeauftragter des FC Südtirol?
„Seit 2003 kümmere ich mich um die Organisation der Heimspiele des Vereins. Nach der Ermordung von Raciti im Februar 2007 gab es große Veränderungen in Sachen Stadionsicherheit. Auch wir mussten uns denen natürlich anpassen und viele verpflichtende Fortbildungen besuchen.“
Wird bereits darüber nachgedacht, was im neuen Stadion umgesetzt werden muss?
„Ja klar. Wir versuchen alle möglichen Szenarien durchzugehen, sodass wir im richtigen Moment dazu bereit sind, diese umzusetzen. Es ist sehr wichtig, dass wir das Interesse aller Stakeholder in die Planung miteinbeziehen.“