10.03.2022
Interview mit dem Trainer der U-15
Seit Sommer vergangenen Jahres leitet Fabio Napoletani die Geschicke der nationalen U15 des FCS. Die Rolle des Jugendtrainers ist ihm dabei bestens bekannt. Seine Kenntnisse in diesem Bereich hat er sogar zu Papier gebracht. Der 32-Jährige ist einer von 20 Fußballehrern, die im Nachwuchsbereich von Profivereinen tätig sind und während des ersten Lockdowns «Il mestiere dell’allenatore» geschrieben haben. Ein Buch, das entwickelt wurde, um Funktion und Prinzipien eines Trainers näher unter die Lupe zu nehmen. Napoletani begann seine Karriere als Fußballtrainer vor rund zehn Jahren in der Fußballschule von Parma Calcio, wo er unter anderem auch für internationale Projekte, wie den Jugendcamps in Miami, Washington und Kolumbien verantwortlich war. Als Spieler selbst aktiv war er in der Jugend von Juve Domo und Verbania, bevor er sich seiner großen Leidenschaft widmete, Fußball zu lehren. Nach seiner Tätigkeit bei Parma erhielt er ein Angebot von Juventus Turin und kümmerte sich dort um die ausländischen Fußballschulen und -akademien. 2016 wechselte Napoletani dann nach Verona, wo er bis Juni 2020 den Nachwuchs von Chievo trainierte. Seit Juli vergangenen Jahres ist er Cheftrainer der U15 des FC Südtirol und im ständigen Austausch mit dem gesamten Umfeld, um so immer auf dem Laufenden zu bleiben.

Fabio, erzähle uns ein wenig von deinem bisherigen Werdegang?
„Wurzeln in Süditalien, in der Lombardei geboren, im Piemont aufgewachsen und von Beruf her sowieso immer viel unterwegs. Im April 1989 wurde ich in Cuggiono geboren, einer Gemeinde in der Provinz Mailand, in deren Nähe auch meine Eltern arbeiteten. Ein Jahr nach meiner Geburt sind wir nach Domodossola umgezogen, einer piemontesischen Kleinstadt, 20 Kilometer von der Grenze zur Schweiz entfernt. Dort habe ich meine Kindheit und Jugend verbracht. Die Reise ging aber bereits 2008 wieder weiter, als ich im Alter von 19 Jahren für das Studium nach Parma zog. Mein beruflicher Weg führte mich danach über Turin nach Verona. Seit letztem Juli bin ich hier in Bozen.“

Wie ist deine Leidenschaft für den Fußball entstanden?
„Im Prinzip direkt von Geburt an. Erste Erinnerungen habe ich an die Weltmeisterschaft 1994 in den USA, wo der unglückliche Fehlschuss von Roberto Baggio die erste wirklich große fußballerische Enttäuschung meiner Kindheit war. Von diesem Moment an überkam mich jedoch die Neugier für diesen Sport und wurde zu einer echten „Besessenheit". Die Almanacchi-Fußballmagazine, verschiedene Stickeralben, mit dem Walkman im Radio verfolgte Partien, das Warten darauf, die Tore aller Mannschaften im Fernsehen zu sehen, direkt verbunden mit dem Bestreben, in den folgenden Tagen die besten Szenen selbst nachzuspielen… Eine Leidenschaft, die auch dazu führte, dass ich bis zu meinem 21. Lebensjahr auf Amateurniveau als Fußballer aktiv war. Zu diesem Zeitpunkt war mir aber dann klar, dass ich meinem Weg nur über ein Studium und die Weiterbildung fortschreiten kann.“

Welche Erfahrungen konntest du bisher schon als Trainer sammeln?
„Zum ersten Mal als Trainer aktiv gewesen bin ich in der Saison 2010-2011. Ich stand kurz vor dem Abschluss meines Bachelor-Studiums in Sportwissenschaften und entschied mich, meine ersten praktischen Erfahrungen als Trainer in einem kleinen Verein in der näheren Umgebung zu sammeln. Im Sommer desselben Jahres entdeckte ich während der letzten Prüfungsphase einen Flyer auf dem Parma Calcio Fußballtrainer für ihre Sommercamps suchte. Kurz darauf begann für mich das Abenteuer. Neben meiner Trainertätigkeit leitete ich dort dank meiner guten Fremdsprachenkenntnisse auch schnell internationale Fußballprojekte. Parallel dazu schloss ich 2013 zudem mein Masterstudium ab und erwarb die Uefa-C- (2014 in Piacenza) und Uefa B-Lizenzen (2015 in Reggio Emilia). Im Juni 2015 fühlte ich mich dann bereit für ein neues Abenteuer und verließ Parma. Noch im selben Sommer hatte ich das Glück, in einem Sommercamp von Juventus Turin auf mich aufmerksam machen zu können. Es folgte der Wechsel zu Juventus, wo ich in der Fußballschule trainierte und an internationalen Projekten mitarbeiten durfte. Aber es ist ja bekannt, wie schnelllebig das Fußballgeschäft ist. Im Frühjahr 2016 erhielt ich ein sehr lukratives Angebot von Chievo Verona, bei dem ich die Möglichkeit besaß, im dortigen Nachwuchsbereich zu trainieren und gleichzeitig das Projekt „Società Affiliate Italia“ zu leiten, durch das ich verantwortlich für den Austausch zu allen Partnervereinen in Italien war. Ich nahm also die Chance wahr und blieb letztlich insgesamt vier Jahre bei den Clivensi, bis ich mich im Juni 2020 entschloss, erneut nach einer neuen Herausforderung zu suchen, bei der ich mich weiterbilden und wertvolle Erfahrungen sammeln kann.“

Welche waren für dich bisher die wichtigsten Karriereschritte?
„Die schönsten und wichtigsten Erfahrungen verbinde ich sicherlich mit den verschiedenen Orten und Personen, die ich kennenlernen durfte. Von unzähligen Besuchen bei Partnervereinen, die in ganz Italien verstreut sind, bis hin zu internationalen Kontakten, die mich in die USA, nach Kolumbien oder Europa geführt haben. Durch diese Reisen konnte ich ganz andere Sprachen, Lebensbedingungen und Lebensweisen entdecken, nicht nur im Fußball, sondern auch im Alltag. Erfahrungen, die mich in Bezug auf Flexibilität, Ansätze zur Problemlösung und Autonomie bereichert haben.“

Wie bist du letztlich beim FCS gelandet?

„Während meiner Tätigkeit als Koordinator im Jugendsektor von Chievo Verona hatte ich bereits die Gelegenheit, mit den Verantwortlichen des FC Südtirol in Kontakt zu treten. Wir haben beispielsweise Testspiele zwischen beiden Vereinen organisiert und konnten so direkt ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufbauen. Im Mai 2021 erhielt ich dann einen Anruf von Alex Schraffl und Dino Ciresa. Sie machten mir das Angebot, Trainer der U15 zu werden. Eine Aufgabe, die ich mit großem Stolz und Begeisterung ausübe. Beiden bin ich auch heute noch für ihr Vertrauen und diese Möglichkeit dankbar.“

Was für ein Umfeld hast du vorgefunden?
„Einen jungen, ambitionierten Verein, mit einem klaren Konzept und dem Ziel, sich in den kommenden Jahren als Vorzeigebeispiel eines seriös geführten Clubs zu etablieren. Das FCS Center als eigenes Trainingszentrum sowie das nun fast fertig gestellte Drusus-Stadion stellen alleine zwei Bausteine dar, die seines gleichen suchen und auch mehrere Vereine der höchsten italienischen Spielklasse neidisch werden lassen. Alle Mitarbeiter des FCS haben zudem dazu beigetragen, dass ich einen leichten Einstieg in das Vereinsleben hatte. Sie haben mich herzlich empfangen und sind sicherlich die Basis für ein gesundes, positiv eingestelltes Umfeld, welches einem ermöglicht, in aller Ruhe für das Wohl und die Entwicklung des Nachwuchses zu arbeiten.“

Was sind deine Grundsätze?
„Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Mensch, egal ob Trainer oder Spieler, immer an erster Stelle stehen muss. Deswegen halte ich es für wichtig, noch vor irgendwelchen taktischen Grundsätzen ethische Werte wie Anstand und gegenseitigen Respekt, Loyalität und Aufrichtigkeit im gegenseitigen Austausch, Ehrlichkeit und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit zu vermitteln. Darauf aufbauend denke ich, dass es dann auf Jugendebene entwicklungsfördernd ist, einen Fußball zu praktizieren, der in Ballbesitzphasen dominant und aggressiv ist und in Phasen ohne Ball auf die sofortige Rückeroberung abzielt. Auch aus psychologischer Sicht sehe ich es als wichtig an, selbst aktiv das Spielgeschehen zu bestimmen und es nicht der Hand zu geben. All diese Aspekte versuche ich in meiner Arbeit zu vereinen, immer mit der Zielsetzung, den Erfahrungsschatz jedes Spielers zu vergrößern, von dem dann wiederum die ganze Mannschaft als Kollektiv profitiert.“

Was verlangst du von deinen Spielern?
„Von meinen Jungs erwarte ich, dass sie ihre Stärken erkennen und auf dem Platz unterstreichen, sich aber ebenso stetig um die Bereiche kümmern, in denen noch Verbesserungspotenzial vorliegt. Sie sollen mutig agieren und egal ob im Training oder Wettkampf selbstbewusst, mit der richtigen Einstellung auf den Platz gehen, verbunden mit dem Ziel, im Spiel immer selbstständiger Entscheidungen zu treffen und Intensität und Qualität hochzuhalten. Obwohl es sich um einen Mannschaftssport handelt, muss jeder einzelne einen Ehrgeiz entwickeln, bei dem es sein ganz normaler Anspruch ist, täglich stärker zu werden, um so als Endresultat auf dem Feld die beste Leistung abrufen zu können.“

Vereinbarkeit von Schule und Fußball: eine „Mission impossible“?
„Das scheint im Volksmund so zu sein, aber in Wahrheit hat die Schule immer die Priorität. Ich denke, es ist am besten, die fußballerischen Verpflichtungen als eine schöne, persönliche Herausforderung anzusehen, bei der nicht außer Acht zu lassen ist, dass nicht alle den Sprung ins Profigeschäft schaffen. Man sollte diesen Weg zwar mit vollem Einsatz und unter allen möglichen Mitteln angehen, jedoch ohne dabei den moralischen Druck zu verspüren, um jeden Preis in den Profibereich zu müssen. Der Fußball bietet viele andere Möglichkeiten. Wie in meinem Fall kann es dann durchaus so sein, dass man durch Studium und Fortbildung auf andere Weise beruflich Fuß fasst. Genauso kann der Sport auch einfach zu einer Leidenschaft werden, die gleichzeitig neben dem eigentlichen Beruf ausgeübt wird.“

Welche Ratschläge hast du für deine Jungs parat?
„Mein Rat an sie ist, die Erfahrungen als Fußballer mit einer gewissen Ausgeglichenheit zu leben, sich in positiven Momenten nicht von Euphorie treiben und in den negativen Momenten von übermäßiger Enttäuschung herunterziehen zu lassen. Sie sollen mutig sein und gegen ihre eigenen Ängste ankämpfen, die Komfortzone verlassen und mit Entschlossenheit ihre Träume verwirklichen, sportlich und wie auch privat. Jeder ist seines Glückes Schmied. Aber vor allem sollten sie sicherstellen, bei jedem Sieg oder jeder Niederlage, die ihnen das Leben oder der Sport beschert, immer alles gegeben zu haben. Nur dann können sie wirklich stolz auf das sein, was sie erreicht haben, unabhängig vom Endergebnis.“

Und welchen Rat hast du an die Eltern?
„Ich würde ihnen empfehlen, die eigenen Kinder auf ihrem Wachstums- und Entwicklungsweg im Fußball bei allem zu unterstützen. Es ist ein langer und kurvenreicher Weg, der genauso aus Momenten der Genugtuung und des Glücks besteht, wie aus denen von Unzufriedenheit und Enttäuschung. Mit der nötigen Ausgewogenheit und dem Bewusstsein für ihre Rolle als Eltern sind sie eigentlich der beste Verbündete für Trainerteam und Verein (und umgekehrt). Seite an Seite müssen alle auf synergetische Weise zusammenarbeiten, um dem Nachwuchs bei seiner sportlichen Entwicklung zu fördern. Eine Verbesserung tritt nur dann ein, wenn man sich selber immer wieder neuen Herausforderungen stellt. Das ist im Fußball genauso wie im wahren Leben, wo Abkürzungen, sinnlose Vergleiche oder falsche Illusionen einen nicht weiterbringen.“

Wie ist es zu der Idee gekommen, dass 20 Fußballtrainer zusammen ein Buch geschrieben haben?
„Sie ist während einiger Online-Meetings im ersten Lockdown entstanden. Es gibt viele Bücher, die sich den technischen und taktischen Aspekten widmen, aber keines davon befasst mit der Rolle des Trainers. Also diskutierten wir gemeinsam über die Fähigkeiten und Kenntnisse eines Trainers im Jugendbereich. An aller erster Stelle stand für uns das Teilen von Erfahrungen. Genau aus diesem Grund wurde das Buch auch mit einem wohltätigen Zweck verbunden: Der Großteil des Erlöses wurde an die Vereinigung „Heal“ von Bernardo Corradi gespendet, für deren Forschung im Bereich der pädiatrischen Neuroonkologie.“

In zwei Worten, welche Eigenschaften muss ein Trainer haben?
Zu aller erst sollte sicherlich eine brennende Leidenschaft für den Fußballsport vorliegen. Diese ist mit einer großen Portion Neugierde zu verknüpfen, die wiederum wichtig ist, um sich mit Einsatz und Willen ständig fort- und weiterzubilden. Nur so wird es einem gelingen, sein Wissen und seine Fähigkeiten zu erweitern. Und zu guter Letzt ist da noch die emotionale Intelligenz: ein wesentliches Element, anhand dessen die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ins Zentrum zu stellen ist.“

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