11.03.2021
INTERVIEW MIT DEM EHEMALIGEN FCS-MITTELFELDSPIELER
Luca Bertoni und der FC Südtirol, eine Geschichte in 111 Kapiteln. Doch den Prolog, d.h. sein erstes Match im Bozner Drusus-Stadion, schrieb der feine Techniker nicht mit dem FCS, sondern im Dress des AC Mailand. Die Junioren der „Rossoneri“ absolvierten im Sommer 2011 ihr Trainingslager in Sterzing und bestritten eines ihrer Testspiele in der Landeshauptstadt. Bertoni führte dabei die Mannschaft von Coach Aldo Dolcetti als Kapitän aufs Spielfeld. Mattia De Sciglio, Brian Cristante, Stephan El Shaarawy, Simone Ganz und Andrea Petagna sind nur einige der Spieler, welche der Playmaker damals um sich hatte. Der AC Mailand drang am Ende der Saison bis ins Halbfinale der Playoffs vor, wo sie sich im Mailänder Derby dem ewigen Rivalen Inter Mailand geschlagen geben mussten.
Von Milan zum FC Südtirol: Welche Erinnerungen hast du an jenen Wechsel?
„Im Sommer 2012 kam ich auf Leihbasis vom AC Mailand nach Südtirol. Dabei handelte es sich um meine erste Erfahrung im Profifußball bzw. fern von Zuhause. Beim FCS fand ich das ideale Ambiente vor, um mich mit dem Erwachsenenfußball vertraut zu machen und mich persönlich weiterentwickeln. Übungsleiter war Stefano Vecchi, der mir sehr viel mit auf den Weg gab. Wir spielten eine starke Meisterschaft und qualifizierten uns gemeinsam mit Lecce, Carpi und Virtus Entella für die Playoffs. Im Halbfinale gegen den späteren Aufsteiger Carpi zogen wir leider den Kürzeren.“
Vom 100. Einsatz im FCS-Trikot sind wir aber noch weit entfernt… In der darauffolgenden Saison übernahm Stefano Vecchi das Ruder von Carpi in der Serie B und setzte auf dich in der Rolle des Spielmachers. Wie begann dein Abenteuer in der 2. Liga?
„Es war ein etwas eigenartiges Jahr. Ich startete motiviert, aber auch ein wenig aufgeregt in mein neues Abenteuer. Ich konnte gleich zu Beginn mein Debüt in der 2. Liga feiern. Aufgrund einer schweren Knieverletzung bestritt ich in jener Saison aber lediglich acht Pflichtspiele. Nichtsdestotrotz zog Carpi die Kaufoption vom AC Mailand. Am Ende der Saison hielt ich es jedoch für das Beste, meinen Vertrag aufzulösen und zum FC Südtirol zurückzukehren. Der Club arbeitete an einem mittelfristigen Projekt und bot mir demzufolge einen Dreijahresdeal an. Der FC Südtirol glaubte an mich. Und das obwohl ich von einer schweren Verletzung kam. Die erste Saison war von Höhen und Tiefen gekennzeichnet: mit Rastelli, Sormani und Stroppa hatten wir gleich drei verschieden Coaches. Ich beendete die Meisterschaft mit 27 Einsätzen, die darauffolgende – immer unter Giovanni Stroppa – mit 30.“
Im Sommer 2016 ergab sich die Chance, etwas internationale Erfahrung zu sammeln: Partizani Tirana in Albanien…
„Adolfo Sormani, mit welchem ich beim FCS ein gutes Verhältnis aufgebaut hatte, holte mich zu seinem neuen Verein. In Albanien bestritt ich Qualifikationsspiele für die Champions bzw. Europa League und spielte in der ersten nationalen Liga. Doch im Dezember traf ich den Entschluss, den Vertrag vorzeitig aufzulösen und nach Bozen zurückzukehren. In der zweiten Saisonhälfte bestritt ich unter Viali bzw. Colombo 11 Matches. Am Ende der Saison wurde unsere Leistungen immer besser und besser. Der große Höhepunkt war der Auswärtssieg im „Tardini“ von Parma.“
Die Saison 2017/18, deine letzte im weißroten Dress, war von den Resultaten her sicherlich eine der erfolgreichsten, nicht wahr?
„Auch wenn ich damals etwas weniger zum Einsatz kam, war es dennoch eine großartige Saison. Wir waren eine tolle Gruppe, die sich im Laufe der Meisterschaft exponentiell steigern konnte. Zu Beginn der Saison wussten wir nicht so genau, welche unsere Ziele sein könnten. Am Ende erreichten wir das Halbfinale der Playoffs, eine unerwartete, aber verdiente Belohnung unserer Arbeit. Dank eines späten Treffers von Cia gewannen wir das Hinspiel in Bozen mit 1 zu 0. Im Rückspiel kassierten wir den zweiten Gegentreffer in der 94. Minute und mussten uns somit auf bittere Art vom Bewerb verabschieden.“
An welche anderen beim FCS erlebten Momente erinnerst du dich besonders gerne zurück?
„Nicht nur das Halbfinale gegen Cosenza, sondern auch jenes gegen Carpi zählt zu den wichtigsten Erlebnissen überhaupt. Die schönsten Siege feierten wir meines Erachtens auswärts in Lecce und in Parma. Auch mein Treffer zum 2:1-Endstand gegen Giana Erminio findet einen besonderen Platz in meinem Herzen.“
In Bozen knüpftest du auch bedeutsame Freundschaften…
„Ich konnte eigentlich zu allen ein tolles Verhältnis pflegen. Mit vielen bin ich auch heute noch in Kontakt, darunter auch Hannes Fink und Fabian Tait. Eine große Freundschaft entstand auch mit Alessandro Gatto, Marco Baldan und Paolo Frascatore. Wir hören uns wirklich sehr oft.“
Mit 111 Einsätzen im Dress des FC Südtirol ist Luca Bertoni ein ehrenhaftes Mitglied unseres Club 100. Der „kleine Pirlo“, wie er beim AC Mailand früher genannt wurde, hat hier jedoch nicht nur fußballerisch, sondern auch menschlich einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen.
Seit dem Sommer 2018 stehst du bei Pro Patria unter Vertrag. Was kannst du uns dazu sagen?
„Mittlerweile bestreite ich meine dritte Saison in Busto Arsizio und kann sagen, dass ich mit allen super zurechtkomme: Verein, Mitspieler und Trainer. Das Ambiente hier ist ruhig und lässt einen ausgezeichnet arbeiten. Wir spielen heuer eine starke Meisterschaft und hoffen, diesen Trend bis zum Schluss hochalten zu können.“