08.07.2020
Der 22-jährige Verteidiger von A bis Z
Dass Mario Ierardi aus seiner außergewöhnlichen Körperkraft seine größte Stärke macht, ist wohl allen bekannt. Insbesondere den gegnerischen Angreifern. Seine Schnelligkeit verdankt er der Vergangenheit als Leichtathlet. Außerhalb des Spielfeldes verbringt der 22-Jährige viel Zeit in der Natur, wenn möglich beim Fischen. Ähnliches erzählte uns vor einigen Jahren einer, der den Sprung bis ganz nach oben geschafft hat: Simone Iacoponi, heute Stammspieler bei Parma in der Serie A.

Mario Ierardi bestreitet heuer seine zweite Saison für FC Südtirol. Neben seinen unüberschaubaren defensiven Fähigkeiten, brachte er in dieser Zeit auch sein offensives Können zum Vorschein. Denn sowohl der Treffer gegen Arzignano in Vicenza, als auch jener zuhause gegen Vis Pesaro, verhalfen dem FC Südtirol zu drei Punkten. Nahe am Torjubel war Ierardi auch im Spitzenspiel gegen Vicenza, als er einen Coast-to-Coast-Run mit einem herrlichen Seitrückzieher abschloss. Der gegnerische Goalie wuchs jedoch über sich hinaus und parierte gekonnt zur Ecke.

Mario, beschreibe uns kurz diese atemberaubende Aktion?
„Ich habe mir die Wiederholung wirklich sehr oft angesehen. Ich bin mit Wucht und Entschlossenheit nach vorne gestürmt und kam auch gut zum Abschluss. Der gegnerische Torhüter machte eine klasse Parade und verweigerte mir den schönsten Treffer meiner Karriere.“

Mario Ierardi’s Geschichte beim FC Südtirol begann im Sommer 2018. Der großgewachsene Verteidiger kam auf Leihbasis vom Erstligisten Genoa, der ihn in der vorherigen Saison bei Ravenna erstmals Serie C-Luft schnuppern ließ. Bereits in seinem ersten Jahr in Südtirol erkämpfte er sich einen Platz in der Stammelf. Sein Vertrag mit Genoa lief jedoch im Juni des letzten Jahres aus, was dazu führte, dass sich der FCS und Ierardi auf einen Dreijahresdeal einigten. Auch in der diesjährigen Saison war der Mailänder nicht aus Vecchi’s taktischer Ausrichtung wegzudenken. Doch wer ihn besser kennt, weiß, dass er den Fußball immer noch mit der Leidenschaft eines kleinen Jungen lebt.

Wann hast du dich für diesen Sport so sehr begeistert?
„Ich fing vergleichsweise spät mit dem Fußballspielen an. In jungen Jahren versuchte ich mich, wie auch mein Bruder Marco, in der Leichtathletik. Trotz meiner Größe, zählte ich immer zu den schnellsten (gegen Sambenedettese kam Mario auf 35 Km/h, das ist die Mannschaftsbestleistung, Anm.d.Red.). Während des Sommers besuchte ich verschieden Sportcamps: vom Bogenschießen bis hin zum Fußball. Da die meisten meiner Freunde sich für letzteren entschieden, hörte ich mit der Leichtathletik auf und begann zu kicken.“

Geboren am 19. Februar 1998 in Magenta (Mailand), spielte Ierardi in der Jugend u.a. für Milan und Pro Patria. Im Sommer 2014 wurden seine Spielerrechte von Genoa erworben, wo er eine A-Jugend- und zwei Primavera-Meisterschaften bestritt.

Von 2014 bis 2017 spieltest du in der Hauptstadt Liguriens: Was kannst du uns über diese Zeit erzählen?
„Ich muss sagen, dass Genoa ein sehr professioneller Verein ist, der auf jedes Detail achtet. Wie auch der FC Südtirol. Die Situation war jedoch sehr verschieden, da wir alle noch minderjährig waren und fern von unseren Familien lebten. In der Akademie lernet ich viele tolle Jungs kennen und knüpfte wichtige Freundschaften.“

Im Podcast, den wir auf unseren Spotifiy-Account (FCS Podcast) hoch luden, teilte Mario’s Mutter einen prägenden Gedanken mit uns: „Uns war es wichtig, dass aus Mario ein starker und loyaler Mensch wird. Im täglichen Leben sowie im Fußball. Ein Lächeln darf dabei nie fehlen.“

Verspürtest du Druck von Seiten deiner Eltern?
„Nein. Sie unterstützten mich in jeder Entscheidung, machten mir aber keineswegs Druck. Sie gaben mir die Chance, schon als Junge mein Zuhause zu verlassen um meinem Traum nachzugehen. Meine Familie und meine Freundin sind eine riesen Hilfe in meinem Leben. Nicht immer ist es einfach, wichtige Entscheidungen alleine treffen zu müssen. Mittlerweile habe ich gelernt, wie man mit gewissen Situationen am besten umgeht. Ich weiß, dass ich als Fußballer und als Mensch noch viel zu lernen habe. Deshalb bin ich froh, Menschen in meinem Leben zu haben, auf die ich immer zählen kann.“

Wer entdeckte dein Talent als Fußballer?

„Ich spielte für Pro Patria, als der Jugendverantwortliche von Genoa mich und zwei Teamkameraden zu einem Probetraining einlud. Ich wurde verpflichtet, die anderen beiden nicht. Ich fand das sehr schade, doch daran musste ich mich gewöhnen.“

Bei Genoa wurdest du in der Saison 2015/16 sogar für fünf Serie A-Matches einberufen: Was verspürtest du damals?
„Ich habe großartige Erinnerungen an jene Tage. Ich absolvierte das sommerliche Trainingslager mit der Kampfmannschaft und kam auch in einigen Testspielen zum Einsatz. Doch hatte ich immer im Kopf, dass ich zu Beginn der Meisterschaft in die „Primavera“ zurückkehren würde. Dann, als der Serie A-Auftakt anstand, wurde ich von Coach Gian Piero Gasperini unerwartet in den Kader einberufen. Wir spielten in Palermo vor großem Publikum. Eine wirklich atemberaubende Atmosphäre. Auch wenn ich nicht zum Einsatz kam, werde ich diesen Tag niemals vergessen. Es war mein erstes Mal in einem richtigen Erstligastadion und gleich vor 30.000 Zuschauern.“

Wie ging die Saison weiter?
„Nach der Einberufung gewann ich an Selbstvertrauen und hatte das Gefühl, meinen Job gut zu machen. Im Training gab ich immer alles und versuchte an meinen Schwächen zu arbeiten. Sollte der Trainer mich brauchen, wollte ich stets bereit sein. Ich absolvierte immer wieder Trainingseinheiten mit den Profis und wurde für vier weitere Serie A-Partien nominiert. Vorher sah ich volle Stadien immer nur im Fernsehen. Plötzlich befand ich mich selber in einem. Auch nur auf der Bank zu sitzen war ein großartiges Gefühl. Im Match gegen Palermo sah es sogar kurz danach aus, dass ich meine Chance erhalten könnte. Cissokho hatte ein Adduktorenproblem und stand vor der Auswechslung. Während der Aufwärmung war ich hochkonzentriert, denn ich wollte niemand enttäuschen. Ganz besonders nicht mich selber.“

Mit wem teiltest du das Hotelzimmer vor den Spielen?

„Eigentlich immer mit jemand anderem, hauptsächlich mit gleichaltrigen Jungs aus der „Primavera“. Einer davon war Paolo Ghiglione, der heuer mit Genoa in der Serie A spielt. Weiters war ich auch mit Olivier Ntcham im Zimmer. Er kam von Manchester City und war ein klasse Fußballer: Ich bewunderte ihn sehr. Auch mit Diego Laxalt hatte ich viel Spaß. Er sprach hauptsächlich darüber, wie er an seinem Auto tüftelte.“

Wie fühltest du dich in einer Kabine voller etablierter Spieler?
„In jener Mannschaft fühlte man sich gut aufgehoben. Von jedem einzelnen konnte man viel lernen. Auch wenn ich der jüngste war, behandelten sie mich mit viel Respekt. Die Verteidiger versuchten mir beizubringen, gleichzeitig den Ball und den Gegner im Auge zu behalten. Wenn man Profis im Training sieht, lernt man natürlich viel schneller dazu.“

Wie kam es zur Trikotnummer 41? Und in welchen anderen Serie A-Matches saßt du auf der Bank?
„Die „41“ war eine der Nummern, die den Jungs der „Primavera“ vorbehalten war. Nach Palermo durfte ich auch in den Matches gegen Lazio, Milan, Frosinone und Atalanta dabei sein. Balotelli direkt vor mir zu sehen war schon ein echt merkwürdiges Gefühl.“

Du durftest bei zwei Sommertrainingslagern von Genoa dabei sein. In welchem konntest du mehr dazulernen?
„Im ersten. Die Mannschaft war noch nicht vollständig und deshalb durften auch die jungen Spieler an allen Trainingsaktivitäten teilnehmen. Aber auch in der „Primavera“ erlebte ich viele großartige Momente. Tolle Erinnerungen habe ich an den Viareggio-Cup 2016, wo ich im Auftaktspiel gegen Rijeka einen Treffer erzielte.“

Ein recht treffsicherer Abwehrspieler…

„Ich konzentriere mich vorwiegen aufs Verteidigen, freue mich aber über jeden erzielten Treffer. Vor vielen Jahren bestritt ich eine Saison als Angreifer. Manchmal kommt mir das zu Gute…“

Dein schönstes Tor?

„Gegen Arzignano in dieser Saison. Wir haben im Training nämlich intensiv auf diese Art von Situationen hingearbeitet.“

Und dein wichtigstes?
„Wiederrum jenes gegen Arzignano. Wir hatten ein kleines Formtief, weshalb wir unbedingt die drei Punkte aus Vicenza mitnehmen mussten.“

Wie kam der Wechsel zum FC Südtirol zustande?
„Ich hörte nur Positives über diesen Club. Deshalb zweifelte ich keinen Augenblick, das Angebot des Vereins anzunehmen. Ich hatte bzw. habe viel Lust, mich tagtäglich weiterzuentwickeln und das mir geschenkte Vertrauen zurückzuzahlen.“

Unter Teamchef Roberto Baronio bestrittest du auch sechs Matches für die U18- bzw. U19-Nationalmannschaft. Wie fühlt man sich, das Dress der „Azzurri“ tragen?

„Die Matches für die Nationalmannschaft bedeuten mir noch mehr als die Einberufungen für die Serie A-Partien. Auch weil ich daran wirklich nie gedacht hatte. Als mir im Heim in Genua die Einberufung mitgeteilt wurde, konnte ich es nicht wahrhaben. Ich zählte die Stunden, bis ich ins Trainingslager fahren durfte. Auch Tommaso Cucchietti und Simone Mazzocchi waren damals dabei.“

Von welchem Trainer konntest du am meisten lernen?

„Von Christian Stellini, jetziger Assistenzcoach von Antonio Conte. Unter ihm lernte ich, Trainings und Spiele mit der richtigen Einstellung anzugehen. Man muss immer alles geben, denn im Fußball ist nichts selbstverständlich. Ich denke aber, dass ich mich unter allen Trainern verbessert habe. Denn jeder lehrt einem eine andere Lektion.“

Dein stärkster Mitspieler?

„Hier nenne ich Manuel Locatelli, mit dem ich bereits in der Jugend von Milan zusammenspielte. Auch Patrick Cutrone war bereits damals ein klasse Stürmer.“

Im Jahr 2016, kurz vor deinem großen Durchbruch, der Kreuzbandriss. Wie schwierig war es, dich davon zu erholen?
„Ich hatte mir damals viel vorgenommen. Bei einer schweren Verletzung spielt das Timing eine große Rolle. Man beginnt sich Fragen zu stellen und an sich zu zweifeln. Um darauf zu reagieren, braucht es in erster Linie mentale Stärke.“

Wechseln wir das Thema: Wie ist dein Verhältnis mit den Sozialen Medien?
„Ich bin kein großer Fan davon. Ich bevorzuge es, mich mit Freunden zu treffen und gemeinsam Videogames zu spielen. Auf den Social Media mach ich wirklich nur das Notwendigste.“

Du gehst lieber fischen, nicht wahr?

„Ganz genau. Bereits als Kind ging ich immer mit meinem Vater und meinem Großvater zum Fischen. Die Natur zu respektieren ist uns dabei sehr wichtig. Ich nutze auch hier jede Gelegenheit, um zu einem Fischerteich zu fahren. Hin und wieder gelingt es mir auch, meine Mitspieler zum Mitkommen zu überreden. Alari, Taliento und meine Mitbewohner Mazzocchi und Crocchianti kamen bereits mit. Auch meine Freundin konnte ich für dieses Hobby begeistern. In der letztjährigen Saison hatte ich in Caio De Cenco einen treuen Begleiter. Gemeinsam erlebten wir wirklich viele tolle Momente.“

Deine anderen Hobbies?
„Ganz gewöhnliche: TV gucken und Play Station spielen. Gerne gehe ich auch mit Freunden, zu denen ich auch meine Teamkameraden zähle, aus. Den Rest der Zeit verbringe ich mit meinen sympathischen Mitbewohnern Simone und Marco. In der WG teilen wir uns die Hausarbeiten gerecht auf. Wir haben auch ein gemeinsames Ritual: einen Kräutertee vor dem Schlafengehen.“

Im Laufe des Podcasts mit Mario Ierardi, hatten wir eine besondere Überraschung für ihn: eine Videobotschaft seines ehemaligen Mentors bei Genoa, Armando Izzo: „Ich habe unsere gemeinsame Zeit nicht vergessen, wir hatten richtig Spaß. Mach so weiter und ich bin mir sicher, dass wir eines Tages gegeneinander spielen werden. Viel Glück!“
Mario Ierardi, Krieger mit speziellem Hobby
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