06.04.2021
Der 24jährige "Livornese" im Gespräch
Der Verteidiger aus Livorno ist im Rahmen des Winter-Transferfensters zum FC Südtirol gestoßen. Im Interview mit der FCS News erzählt er die Geschichte seines fußballerischen Werdegangs, von den wertvollen Erfahrungen und dem Vertrauen von Coach Sottil in der 2. Liga, dem Gewinn der Serie-C-Meisterschaft und dem Aufstieg mit „seinem“ Livorno.
Gabriele, was waren die schönsten Momente deiner Karriere…die Partien, an die du dich am liebsten zurückerinnerst?
„Der schönste Moment meiner Karriere war mit Sicherheit der Gewinn der Meisterschaft mit Livorno. Als gebürtiger ‚Livornese‘ kann ich sagen, dass es ein unbeschreibliches Gefühl ist, mit dem Team deiner Heimatstadt in die Serie B aufzusteigen. Diese Errungenschaft gelang uns nach einer unvergesslichen Saison (2017/2018, Anm. d. Red.), die von vielen Höhen und Tiefen geprägt war. In der Hinrunde konnten wir 15 der insgesamt 20 Spiele gewinnen, nach der Winterpause fanden wir uns in einer Ergebniskrise wieder. Ein Trainerwechsel, von Sottil zu Foschi, war die Folge: die daraufhin eingefahrenen Heimsiege gegen Siena und in Viterbo gaben uns vermeintlichen Rückenwind. Unmittelbar danach erlitten wir jedoch drei Pleiten in Folge und mussten die Tabellenführung abgeben. Vor dem Derby gegen Pisa kehrte Sottil auf die Trainerbank zurück. Wir konnten dieses Spiel gewinnen und an die Tabellenspitze zurückkehren. Die gaben wir dann auch nicht mehr her, bis uns das Unentschieden zuhause gegen Carrarese Ende April, einen Spieltag vor Schluss, zum Aufstieg reichte. Die Rückkehr von Livorno in die zweithöchste italienische Spielklasse, nach zahlreichen Jahren in denen Livorno nicht zweitklassig spielte, wurde zur Tatsache.“
In jener Saison warst du gerade mal 20 Jahre alt und kamst auf 24 Meisterschaftseinsätze, erzieltest einen Treffer. Auch im Serie C-Supercup durftest du ein Tor bejubeln. Welcher Coach hatte den größten Einfluss auf deinen Wachstumsprozess?
„Ich muss sagen, dass mir Andrea Sottil großes Vertrauen geschenkt und auch sehr viel beigebracht hat. Ich konnte mich unter seiner Leitung sehr gut entfalten. Ich versuchte diesen Vorschuss auf beste Art und Weise zurückzuzahlen. Für mich ist er in jeder Hinsicht einfach ein grandioser Trainer – sei es im Umgang mit der Truppe, dem Schaffen eines starken Team-Spirits oder in technisch-taktischen Aspekten.“
Kommen wir zu Gabriele Morelli außerhalb des Platzes: Was sind dort deine Fixpunkte?
„Die Familie stellt für mich eine enorm wichtige Kraftquelle dar. Dass ich so weit im Fußball gekommen bin, habe ich alleine meinen Liebsten zu verdanken. Sie waren und sind immer für mich da und ich weiß, dass sich dies in Zukunft auch nie ändern wird. Wir sind eine innige Familie, was sehr schön ist. Ich habe eine ausgesprochen gute Beziehung zu meinem Bruder, ich kann mich mit ihm über alles austauschen. Ich wiederhole mich gerne: die Familie hat einen großen Wert für mich.“
Welche sind deine Hobbies und Leidenschaften?
„Da ich aus Livorno komme, gefällt es mir, zu fischen. Ich gehe nicht oft, aber wenn ich die Zeit dafür finde, dann mache ich das gerne. Darüber hinaus spiele ich sehr gerne Padel und Tennis – ich bin nicht ausgesprochen gut darin, aber diese Sportarten gefallen mir einfach, man kann sich dabei hervorragend abreagieren. Natürlich komme ich nur dazu, wenn die Zeit und die Situation es zulassen. Ich habe auch ein Haustier, einen Labrador namens Pacho. Er gehört zur Familie. Ich liebe ihn einfach, er ist sehr verspielt und wenn ich ihn längere Zeit nicht sehe, fehlt er mir sehr.“
Bist du abergläubisch? Hast du irgendwelche Rituale vor den Spielen?
„Kein Ritual im Speziellen, nein. Wie jeder Spieler mach ich aber stets die gleichen zwei, drei Dinge. Ich betrete beim Training und vor den Spielen den Platz immer zuerst mit dem linken Fuß. Aber ich empfinde das eher als eine Gewohnheit als einen Aberglauben.“
Was fehlt dir in dieser surrealen Periode am meisten?
„In diesem schwierigen Moment fehlen mir die einfachsten Dinge am meisten: Leute treffen, rausgehen, mit Freunden, Familie, der Mannschaft in einem Restaurant essen. Das Beisammensein genießen, sich austauschen, ein paar unbeschwerte Moment erleben. Ja, das fehlt mir am meisten.“
Was ist Dein großer Traum?
„Mein großer Traum ist es, einmal in der Champions League zu spielen. Ich werde dies mit all meiner Kraft versuchen und weiß, dass es noch gar nicht zu spät hierfür ist. Deshalb: volle Kraft voraus, mit Vertrauen, Hoffnung und dem Willen, jeden Tag das Beste zu geben.“
Du hast die Hinrunde mit deinem Heimatclub im Kreis A bestritten und bist im Rahmen des Winter-Transferfensters im Jänner zu den Weißroten zum Kreis B gestoßen. Kannst du irgendwelche substantiellen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen ausmachen?
„Ja, es gibt meiner Meinung nach Unterschiede. Der Kreis B ist deutlich anspruchsvoller, da hier auch Partien gegen Teams, welche sich im Mittelfeld oder eher am unteren Ende der Tabelle befinden, enorme Hürden darstellen. Jeder Spieltag ist ein harter sportlicher Fight, alle Partien stellen schwierige Aufgaben dar. In Kreis A ist das nicht immer so.“
Wie hast du dich in Südtirol eingelebt? Wie wurdest du beim FCS aufgenommen?
„Sehr, sehr gut. Ich wurde wunderbar aufgenommen. Die Gruppe besteht aus hervorragenden und außergewöhnlichen Jungs. Ich fühlte mich sofort integriert – als ob mich alle seit einer Ewigkeit kennen würden. Auf diese Weise war es sehr einfach, vom ersten Tag an Empathie herzustellen. Wir sind eine fantastische Truppe. Auch mit allem Drum und Dran habe ich mich schnell zurechtgefunden: die Stadt gefällt mir sehr, auch wenn ich sie aufgrund der derzeitigen Limitationen noch nicht ausgiebig erkunden konnte. Für den Moment pendle ich ausschließlich zwischen meiner Wohnung und dem Trainingsplatz. Wenn es dann wieder möglich ist, werde ich die Stadt besser kennenlernen. Ich freue mich darauf.“
Was wusstest du vor deiner Ankunft über den nördlichsten Profiklub Italiens?
„Man erzählte mir von einem modernen, funktionalen und innovativen Trainingszentrum. Als ich im FCS Center ankam, war ich von der Top-Struktur wirklich beeindruckt. Ich wusste auch, dass es sich beim FC Südtirol um einen seriösen Klub handelt, der ein ambitionierten Projekt verfolgt, welches auf soliden und konkreten Grundlagen fußt. Ich kann konstatieren, wie viele und welche Schritte dieser Verein in der rezenten Vergangenheit gesetzt hat und auf welch tollem Wachstums- wie Entwicklungsprozess er sich befindet. Als ich vom Angebot der Weißroten erfahren habe, habe ich nicht eine Sekunde lang gezögert.“
Was sind die Stärken dieser Mannschaft?
„Jeder einzelne von uns ist Stammspieler und fühlt sich auch als solcher. Die Mentalität einer Truppe macht in den allermeisten Fällen den Unterschied. Wir sind ein super Team: neben taktischen und technischen Werten stimmt bei uns die Chemie. Wir haben Zusammenhalt, sind eine Einheit. Auch außerhalb des Platzes sind wir praktisch immer zusammen und teilen so schöne und weniger schöne Momente. Diese Kraft des Kollektivs ist oft viel wichtiger als die technischen Eigenschaften eines Einzelnen.“
Wie siehst Du Dich in technischer Hinsicht?
„Als einen Spieler, der dieser Mannschaft helfen kann.“
Du bist am 12. Dezember 1996 in Livorno geboren, 1,81 Meter groß und bringst 71 Kilogramm auf die Waage. Du bist als beidfüßiger Verteidiger überall in der defensiven Kette einsetzbar, meist agierst du als rechter Außenverteidiger, gelegentlich jedoch auch auf links oder gar in der Innenverteidigung. Welche Meilensteine deiner noch jungen Karriere stellen für dich die bedeutendsten dar?
„Ich bin im Jugendsektor der Fiorentina aufgewachsen und fußballerisch gereift, bevor ich nach Livorno wechselte. Dort habe ich in der Primavera-Mannschaft gespielt, ehe ich direkt ins Serie-B-Team kam. In jener Saison hatte ich etwas Pech: ich habe mich am Knie verletzt, zudem sind wir abgestiegen. Ich streifte mir das Trikot der Amaranto auch in der Serie C über, wir stiegen schließlich, wie bereits zuvor angesprochen, in der Saison 2017-2018 wieder auf. In der darauffolgenden Spielzeit wurde ich an die U 23 von Juventus verliehen, was eine sehr gute Erfahrung war. Im Anschluss kehrte ich zu Livorno in die Serie B zurück, bestritt dort in der Serie C dann die diesjährige Hinrunde und nun bin ich hier – mit richtig viel Lust, Großes zu erreichen.“